AMIGA-Magazin · Ausgabe 9/06 · Server: "X11 für AmigaOS 4"

Aktuelles Heft 9/06

Fenster auf!

Seit einigen Wochen existiert ein experimenteller X11-Server für "AmigaOS 4". Wir haben einen Blick auf die aktuelle Version geworfen und zeigen Ihnen die Möglichkeiten, die das System bietet.

von Michael Christoph

Der Entwickler Edgar Schwan hat sich der Portierung eines X11-Servers für "AmigaOS 4" angenommen. Es handelt sich hierbei um die Version R6.3 von X11. Nicht mehr ganz neu, dennoch eine stabile Grundlage für den X-Server.

Der X-Server ist ein grafisches System unter Unix, vergleichbar mit der Layers/
Graphics/Exec-Kombination auf dem Amiga. Allerdings wurde es von Grund auf
auf Netzwerkfähigkeit entwickelt. Der Server ist hierbei für die Hardware-nahe Darstellung auf dem Zielrechner verantwortlich sowie für die Abfrage von Maus und Tastatur. Dabei kommt das X-Protokoll zum Einsatz, in dem es verschiedene Pakettypen zum Zeichnen sowie für Ein- und Ausgabeoperationen gibt. Dabei spricht man von Request (Anfragen an den Server), Reply (Antwort vom Server), Events (Ereignisse, z.B. bewegen der Maus) und Error (Fehler ist aufgetreten).

Als Client fungiert ein Anwendungsprogramm oder auch ein Window-Manager. Diese kümmern sich um die Anwendungslogiken und können auf irgendeinem Rechner im Netz laufen/ausgeführt werden, während die Anzeige immer auf dem eigenen Rechner erfolgt. Dieser Teil entspricht etwa dem Level von Intuition auf dem Amiga.

Mit dem X-System ist es zwar auch in Verbindung mit der "XLib" möglich etwas auf den Bildschirm zu zeichnen, in der Praxis kommt aber ein GUI-System zum Einsatz. In Verbindung mit einem Window-Manager ergibt es ein konsequentes Look & Feel. Die Funktionen arbeiten auf höherer Ebene und sind wesentlich einfacher in der Handhabung (Beispiele dafür sind GTK oder Qt). Im Amiga-Vergleich wäre hier wohl Reaction ein vergleichbares Gegenstück.

Richtig installieren
Das X11-System setzt eine "AmigaOS 4"-Umgebung voraus. Das rund 48 MByte große tgz-Archiv muss nach dem Download noch entpackt werden. Zum Installieren ist ein passendes Installer-Script enthalten, das die Daten an die gewünschte Stelle auf der Festplatte kopiert. Dabei wird auch gleich eine Unix-ähnliche Umgebung eingerichtet. Dadurch wird die Portierung weiterer X-basierender Software wesentlich erleichtert. In der User-Startup wird noch ein kleines Script eingefügt (Cygnix-Startup), das die notwendigen (Unix-)Assigns einrichtet. Alle liegen unterhalb dem Basis-Assign Cygnix, der auf das Installations-Verzeichnis verweist. Im Moment liegt der eigentliche X-Server noch als 68k-Executable vor, während der Rest größtenteils als ppc-nativ existiert. Eine PPC-Version des Servers ist allerdings bereits in der Testphase und steht kurz vor der dem ersten Release.

Für X-Server entwickeln
In der aktuellen Testphase ist auch ein SDK-Paket verfügbar. Damit lassen sich Unix-Programme für den Amiga-X11-Server kompilieren. Unterstützt werden reine X-Programme und Anwendungen die den GTK-Toolkit verwenden. Andere Komponenten müssen bei Bedarf von Hand angepasst werden. Für die Zukunft ist eine Portierung der plattformübergreifenden Qt4-Bibliothek angedacht.

Das Installations-Verzeichnis präsentiert sich aufgeräumt. In GadgetGeeks68k sind noch die 68k-Bestandteile zu finden. Diese Umgebung existiert schon sehr lange und sollte die Portierung für Entwickler vereinfachen. Das Verzeichnis CygnixPPC beherbergt alle Kommandos und Bibliotheken, die bereits vollständig als PPC-Portierung vorliegen. Das Home-Verzeichnis existiert der Vollständigkeit halber und wird primär vom Window-Manager ausgelesen. Aber auch alle Anwendungsprogramme können hier Einstellungen und Daten ablegen (z.B. Spiele-High-Scores). Für die Zukunft ist außerdem vorgesehen, hier Benutzerprogramme zu installieren. Eigene Entwicklungen legen Sie z.B. unter /Home/Developement ab. Es wird keine Multiuser-Umgebung simuliert. Allerdings ist automatisch der User root aktiv. Sie finden diesen Wert in der Umgebungsvariable USER. Entsprechend finden sich alle Desktop-Einstellung für root im Verzeichnis /Home/root/ Desktop. Besonderes Interesse sollten Sie dem Verzeichnis s widmen. Darin befinden sich verschiedene Start-Scripts wie z.B. Start des X-Servers mit Start_XGeek.bat. Alternativ kann der X-Server "Xami" benutzt werden. Er läuft als Fenster auf der Workbench. Dazu laden Sie die DateiStart_Xami.bat aus dem Aminet. Wer auch den Web-Browser/Editor "Amaya" heruntergeladen hat, kann ihn über Start_Amaya.bat starten.

Erweiterte Konfiguration
Die Beispielkonfiguration setzt im Folgenden den Standard-X11-Server voraus, da "Xami" als nicht besonders zuverlässig gilt. Es ist also ein Doppelklick auf Start_XGeek.bat erforderlich, um sowohl den Server, als auch den Window-Manager zu starten. Geöffnet wird dabei ein neuer Bildschirm, in dem alle X-Programme fortan ausgeführt werden. Die Größe dieses Bildschirms ist im Start-Script hinterlegt. Der Server verbirgt sich hinter dem Kommando XGeek. Die Option -screen ist dabei in der Vorgabe auf einen Bildschirm von 1024x768 in 32 Bit Farbtiefe eingestellt. Wer es gerne größer mag, kann z.B. CyberGraphX@1280x1024x32 eintragen. Alternativ geben Sie direkt die gewünschte ModeID über die Option -displayID an. Beim PPC-nativen X-Server wird zusätzlich noch die xcybergraphx.library (Version 51.0) benötigt, die dem Downloadarchiv beiliegen wird.

Auf dem neuen Bildschirm wird links eine Taskleiste angezeigt, in der bereits einige Programme zum Starten eingetragen sind. Über den Viertel-Kreis-Pfeil oben kann die Taskleiste zwischen senkrechter und waagerechter Anordnung gewechselt werden. Über das Dreiecksymbol lässt sich die Taskleiste einklappen, sodass nur noch ein kleines Fenster dafür angezeigt wird. Ein Klick hinein öffnet wieder die Tool-Leiste. Eigene Programme oder andere X-Programme lassen sich in der Datei Cygnix:Home/root/.toolbarrc hinterlegen. Die Einträge sind sehr einfach aufgebaut BUTTON als Schlüsselwort für einen neuen Knopf, gefolgt von der Beschriftung und dem auszuführenden Programm. Beispiel:

BUTTON xeyes "USR:X11R6.3/bin/xeyes"

Der Assign USR: verweist übrigends auf Cygnix:CygnixPPC/ und verkürzt lediglich die Schreibweise.
Zum Starten der Programme genügt ein einfacher Klick auf die Einträge in der Tool-Leiste. Programme und Dateien lassen sich über den Dateimanager xbmbrowser auffinden. Im options-Menü müssen Sie dazu noch die zwei Punkte other files und label all files aktivieren. Dann werden diese Einträge angezeigt und mit dem Namen beschriftet.

Bei einem Klick auf einen Dateieintrag öffnet sich ein Kontextmenü, über das Programme auch ausgeführt werden können (execute). Alle Programme lassen sich über die Kombination "Alt + F4" beenden. Auf dem linken Knopf liegt ein Kontextmenü, das neben dem Beenden weitere Aktionen erlaubt (z.B. verschieben und Größe ändern).

Download-Quellen
Amiga-X11-Server http://www.os4depot.net
Xami http://main.aminet.net
Amaya http://www.os4depot.net

Wenn Ihnen das Hintergrundbild des X-Server-Bildschirms nicht gefällt, ändern Sie es mithilfe des Knopfes "background". Es öffnet sich ein Fenster, in dem Sie die Grafik (Browse-Button) und deren Darstellungsweise auswählen. Neben der Ausgabe in Originalgröße ist eine Skalierung auf die Bildschirmgröße möglich oder das mehrfache Neben-/Übereinandersetzen. Interessierte finden die Einstellung auch direkt in der Konfigdatei Cygnix:Home/root/.xfce/xfbdrc wieder.

Ein Klick auf den Quit-Knopf in der Tool-Leiste beendet lediglich das Toolbar-Programm. Der X-Server läuft weiter und zeigt einen leeren Bildschirm an. Dieser lässt sich nur mit der Tastenkombination "linke Amiga"- und "rechte Amiga"-Taste und "Q" beenden. Das kann aber zu jedem beliebigen Zeitpunkt vorgenommen werden. Die noch aktiven X-Programme werden mitbeendet und die belegten Ressourcen freigegeben.

Fazit: Der X11-Server für "AmigaOS 4" verrichtet zuverlässig und stabil seinen Dienst in einer annehmbaren Geschwindigkeit. Der X-Server stellt somit eine stabile Umgebung zur Portierung passender X-basierender Programme zur Verfügung. Es ist zu erwarten, dass dadurch z.B. der Firefox-Browser wesentlich schneller zur Verfügung steht, da die komplette Grafikausgabe-Fenster-Handling praktisch unverändert übernommen werden kann. Ziel sollte weiterhin sein, native Amiga-Ports einzelner Programme zu erhalten. Der Weg bis dahin ist aber wesentlich einfacher geworden.

lb

Formel X:
Der X-Server für "AmigaOS 4" läuft und es lassen sich X-basierende Programme ausführen.

 

Start-Meldung:
X-Server und Window-Manager werden per Skript gestartet und arbeiten auf einem eigenen Screen.

 


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Zuletzt aktualisiert am 12. September 2006, Michael Christoph.