AMIGA-Magazin · Ausgabe 6/07 · X-Window-System: "Cygnix Pre3"

Aktuelles Heft 6/07

X11 die Dritte

Die Cygnix-Umgebung steht seit einiger Zeit als dritte Vorabversion zur Verfügung. Wir haben uns die Verbesserungen im neuen Release näher angesehen.

von Michael Christoph

Das Cygnix-System stellt eine Unix-ähnliche Umgebung unter "AmigaOS 4" bereit und ermöglicht die Ausführung von X11-Applikationen. Es ist vergleichbar mit "GadgetGeek" auf den 68k-Systemen. Cygnix hat aber den große Vorteil, dass praktisch alles aus einer Hand kommt und dadurch auch zusammenpasst und reibungslos zusammenarbeitet. Durch die Unix-ähnliche Umgebung ist es wesentlich einfacher, Programme aus der Unix- bzw. Linux-Welt zu portieren. Auch größere Projekte können schneller übernommen werden, ohne erst die grafische Grundlage für die Anzeigen schaffen zu müssen.

Das erleichtert die Arbeit natürlich enorm. Der Nachteil dabei ist jedoch, dass der verwöhnte Amiga-Anwender sich manchmal mit kryptischen Kommandos oder unaufgeräumten GUIs auseinandersetzen muss.

Die Installation und Verbesserungen
Mittlerweile ist das Cygnix-Archiv auf stolze 83 MByte angewachsen. Da können auch DSL-Nutzer zwischendurch einen Kaffee trinken. Entpackt sind rund 200 MByte auf der Festplatte einzuplanen, was über 9000 Dateien ergibt. Auf der nächsten Amiga-Magazin-CD wird sich daher das komplette Archiv incl. eines kleinen Updates finden, das aber hauptsächlich der Stabilisierung und potenziellen Fehlervermeidung dient. Beiden Archiven liegt ein Installations-Tool bei, das die Dateien korrekt und automatisch installiert. Eine bereits vorhandene Pre1- bzw. Pre2-Version sollte nicht mehr aktualisiert werden. Intern wurde zu viel an den Paketen geändert. Alle Programme liegen nun als ppc-native Version vor und die alten 68k-Versionen werden nicht mehr benötigt.

Das komplette Gadget-Geek-Verzeichnis ist somit überflüssig. Bereits installierte Zusatzprogramme (wie z.B. "Gimp" oder "CinePaint") müssen erneut installiert werden. Alternativ sichert man das Software-Verzeichnis vor der Neuinstallation von Cygnix.

Nach dem Starten fällt sofort ins Auge, dass ein neuer Window-Manager verwendet wird. Es handelt sich um "Enlightenment", der gut konfigurierbar ist und auch eine virtuelle Desktop-Unterstützung bietet. Damit können mehrere Arbeitsflächen verwendet werden, ähnlich wie bei den bekannten Amiga-Bildschirmen.

AbiWord für Cygnix

Dass es nicht immer "OpenOffice" sein muss beweist die Textverarbeitung "AbiWord". Das Programm besitzt einen ansehlichen Funktionsumfang und ermöglicht fast alle Dokumentarten. "AbiWord" unterstützt Formatvorlagen, Tabellen und auch Fußnoten. Die Oberfläche orientiert sich am Look von "MS Word" und verfügt über Sprechblasentexte für die einzelnen Piktogramme. Für die vorhandene Rechtschreibkontrolle fehlte in unserer Vorabversion allerdings noch ein deutsches Dictionary. Die Texte werden standardmäßig in einem offenen XML-Format gespeichert, der den Datenaustausch mit anderen Programmen erleichtern dürfte. Über Plug-ins sind allerdings auch Import- und Exportfilter für "MS Word" oder "OpenOffice" möglich. Das RTF-Format wird unterstützt. Die Plug-ins fehlten noch in unserer Vorabversion. Deshalb an dieser Stelle keine Aussage zur Qualität.

Die Druckausgabe funktioniert grundsätzlich auch soweit korrekt. Voraussetzung ist ein passend installierter Druckertreiber für "AmigaOS 4". "AbiWord" ist ein freies Textverarbeitungsprogramm, für verschiedene Betriebssysteme. Mehr Informationen finden Sie im Internet unter http://www.abisource.com.

Standardmäßig werden zwei Desktops verwendet, die links unten symbolisch dargestellt werden. Auch eine vorkonfigurierte Tool-Leiste mit Piktogrammen ist vorhanden, in der auch schon die Zusatzprogramme eingetragen sind. Die Symbole sind teilweise dreifach belegt. Je nachdem, ob mit der linken, mittleren oder rechten Maustaste darauf geklickt wird, wird ein anderes Tool gestartet. Schiebt man die Maus über ein Symbol und lässt sie stehen, wird die Belegung der Maustasten eingeblendet. Wird die rechte Maustaste auf dem Desktop gedrückt, lässt sich das Konfigurationsmenü abrufen, bzw. sie stehen auch in der Titelzeile oben zur Verfügung.

In den vielen einzelnen Einstellern lässt sich das Aussehen und das Verhalten des Window-Managers verändern. Aber auch Einstellungen zu grafischen Gimmiks (wie z.B. Fenster animiert öffnen) und zur Audio-Ausgabe sind möglich. Und der schon angesprochene virtuelle Desktop wird über zwei Konfigurationsmodule den eigenen Wünschen angepasst. Es werden unterschiedliche Design-Themen mitgeliefert. Standardmäßig wird ein Aqua-ähnliches Thema verwendet, das weiche, runde Symbole verwendet. Aber auch zwei AmigaOS-ähnliche Themen liefert das Update mit.

Neben dem bisherigen Toolkit "GTK1" wird jetzt auch die aktuelle "GTK2" Version unterstützt. Damit lassen sich wieder eine große Menge Programme leichter auf die Cygnix-Umgebung übernehmen. Vielleicht steht eines Tages auch noch das "Qt" zur Verfügung. Damit wäre eine unüberschaubare Menge an GUI-Elementen verfügbar. Das Qt-System hält außerdem viele grundlegende Hilfsroutinen und Funktionen für den Programmierer bereit. Dazu gehören Listen, Container, String-Verarbeitung usw. Bei den GTK-Programmen funktioniert jetzt auch die Lokalisierung.

Als Sound-Server wird "Esound" verwendet. Bereits beim Starten der Cygnix-Umgebung wird man akustisch begrüßt. Ansonsten lässt sich über die Konfiguration einstellen, ob bei Programmstarts auch Sounds abgespielt werden. Ein erster Spieleport dürfte sehr interessant sein und zeigen, welche Möglichkeit des Enlightenment-Soundsystems ausgeschöpft werden.

SSL wird jetzt grundsätzlich unterstützt und verwendet dazu die OpenSSH-Implementierung. Ein ausführlicher Test steht allerdings noch aus. Amiga-Zeichensätze aus Sys:fonts/TrueType werden automatisch in die Cygnix-Umgebung eingebunden. X-eigene Schriften installiert man über Cygnix:
Home/root/.fonts. Dem folgt ein fc-cache zur Aktualisierung des Fontcaches.

Neue Funktionen und Kommandos
Das aktuelle Cygnix-Paket bringt neue Kommandos mit, die der Anwender Amiga-seitig ausführen kann. Sie eignen sich gut für die Verwendung in Shell-Skripten. xshutdown beendet die komplette X11-Umgebung und der Desktop wird geschlossen. Die Anweisung xscreen2back legt den Cygnix-Bildschirm in den Hintergrund. Umgekehrt holt xscreen2front den Bildschirm in den Vordergrund. Der Befehl sh birgt eine POSIX-kompatible Shell.

Schon seit der Version 2 gibt es das Kommando IsXRunning. Damit kann der Anwender feststellen, ob die X11-Umgebung bereits aktiv ist. Ist das nicht der Fall hilft ein Ausführen der Datei Cygnix:s/Start_XGeek.bat - sie startet das X11-Server-System. Der Befehl WaitForX hingegen hält ein Skript so lange an, bis die X11-Umgebung vollständig läuft.

Dokumentation im Cygnix-Paket
Der Cygnix-Guide beschreibt kurz verschiedene Themen. Dazu gehören z.B. die Installation oder die vorhandenen X-Programme. Ein komplettes Kapitel ist dem neuen Window-Manager "Enlightenment" gewidmet. Außerdem ist für jedes dieser Programme ein direkter Verweis auf dessen Manual abrufbar. Der Guide für Cygnix liegt bisher nur in englischer Sprache vor.

Die Arbeit von Edgar Schwan ist kostenlos und auch alle Sourcen sind frei erhältlich. Eine Unterstützung (z.B. per PayPal) ist aber willkommen. Die Entwicklung des Systems ist schon fest geplant.

Als nächstes soll mit "AbiWord" eine ausgereifte Textverarbeitung für die Cygnix-Umgebung erscheinen. Eine Vorabversion lag uns zum Testen vor und machte einen sehr guten Eindruck. Man kann nur gespannt sein, welche neuen Entwicklungen dank Cygnix ihren Weg zu "AmigaOS 4" in den nächsten Monaten finden werden.

Bildschirmauflösung, Spracheinstellung und Zeitzonen

Die Größe und Farbtiefe der X11-Umgebung verändert man in der Datei s/Start_XGeek.bat. Dies muss noch von Hand mit einem Editor erfolgen. In Zukunft soll man dazu einen praktischen Einsteller mit GUI vorfinden. In der Zeile mit dem Aufruf von XGeekPPC ist die Option -screen anzupassen. Beispiel:

-screen CyberGraphX@1280x1024x16

aktiviert. Auf TrueColor-Farbtiefen (24 bit) sollte im Moment noch verzichtet werden, da es speziell bei GTK-Programmen zu Darstellungsfehlern kommen kann. Grundsätzlich sind zwar auch 8 bit möglich, aufgrund der wenigen Farben wird sich die Umgebung allerdings nicht besonders schön präsentieren.

Hier wird eine Auflösung von 1280x1024 Bildpunkten bei einer Farbtiefe von 16 bit (HiColor) Ab "Cygnix Pre3" ist auch die vollständige Lokalisierung von GTK-Anwendungen möglich. Dazu müssen für die deutsche Variante Amiga-seitig noch die zwei Umgebungsvariablen LANG und LANGUAGE gesetzt werden:

Setenv SAVE LANG de
Setenv SAVE LANGUAGE de

Alle möglichen länderspezifischen Abkürzungen sind in der Datei "LIESMICH.Sprache" zu finden. Trotzdem müssen die Programme entsprechende Übersetzungen der Programmtexte und Meldungen mitbringen.
Über die Umgebungsvariable TZ legt der Anwender die richtige Zeitzone fest. Falls sie noch nicht vorhanden ist, wird diese auf Europe/Berlin vorbelegt. Dadurch wird ggf. auch die korrekte Sommerzeit-Einstellung berücksichtigt. Sie lässt sich über das folgende Kommando jederzeit setzen:

Setenv SAVE TZ Europe/Berlin

lb

Informationen: Edgar Schwan,
WWW: http://www.schwan-clan.de/amiga/

Zukunftsmusik:
Die Textverarbeitung "AbiWord" wird in Kürze auf dem Cygnix-System verfügbar sein.

 

Neue Fenster:
Die neue Version von "Cygnix" hat mit "Enlightment" einen neuen Window-Manager an Bord.

 

Druckvorschau:
AbiWord kommt mit einer vollständigen Anleitung daher

 

 

 


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Zuletzt aktualisiert am 26.06. 2007.