von Michael Christoph
Alles was wir hier vorstellen existiert bereits. Von Ankündigungen werden wir uns absichtlich fernhalten, solange diese nicht in der Realität begutachtet werden können. Trotzdem können wir hier nur eine Auswahl der interessantesten Entwicklungen vorstellen.
Eine große Anzahl an ROM-Modulen wurde in 100-prozentigen C-Code umgeschrieben. Dadurch reicht eine reine Neucompilierung, um die Module auch auf dem AmigaOne einzusetzen. Trotzdem können diese noch nicht auf dem AmigaOne getestet werden, da noch Hand an den LowLevel-Treibern (Tastatur, Maus, ect.) angelegt wird. AmigaOS 4 basiert zum größten Teil auf den 3.9/3.5 Sourcen. Reaction wird deshalb hier genausowenig behandelt, wie »Action«, »EditPad« oder andere Tools.
Unter der Haube
Die neue dos.library verabschiedet sich endgültig von seinem BCPL-Ursprung.
Bereits mit Kickstart 2.x hatte Commodore eine große Anzahl neuer Dos-Funktionen
eingeführt, um nicht mehr direkt auf den BCPL-Code zugreifen zu müssen.
Jetzt ist auch die 254-Zeilen-Grenze für Dateinamenspfade weggefallen.
Unter Benutzung des neuen FFS2-Filesystems können die Verzeichnis- und
Dateinamen auch bis zu 107 Zeichen lang ausfallen.
Viele Funktionen der utility.library (z.B. Tag-Listen-Verarbeitung) wurden in das neue ExecSG integriert. Auch die Shell wurde erweitert. So können jetzt z.B. die Ausgaben von Programm A als Eingaben für Programm B verwendet werden (Pipe). Auch mehrstufige Pipes sind möglich. Zusätzlich wurde die Namensvervollständigung verbessert. Der SirionUSB Stack verrichtet auch schon seinen Dienst, konnte von uns aber wegen fehlender USB-Hardware nicht aktiv getestet werden.
Optische Leckerbissen
Am auffälligsten sind natürlich die sichtbaren Veränderungen.
Dafür wurde extra ein neu genannter Einsteller geschaffen. So kann jetzt
die Dicke der Fensterrahmen ebenso frei gewählt werden, wie ein Muster
natürlich eines für aktive und eines für inaktive Fenster
getrennt.
Muster sind generell ein großes Thema. Für alle möglichen Komponenten kann jetzt statt der simplen Farbe ein frei wählbares Muster zugeordnet werden. Normal, ausgewählt oder gesperrt (disabled), alle drei Zustände von Gadgets können unterschiedlichen Mustern zugeordnet werden.
Für Schieber (Slider/Proportional) sind noch mehr Muster möglich. So kann sowohl der Hintergrund (container), wie auch der Schieber (Knob) selber mit verschiedenen Mustern versorgt werden. Auch die abgerundeten Ecken verfehlen ihre optische Wirkung auf dem Schirm nicht.
Bereits vor längerem wurden Beispielgrafiken zu den Menüs veröffentlicht. Classic, Popup oder gemischt, alles nur eine Frage der Einstellung, wo das Menü geöffnet werden soll. Abgerundete Ecken, Hintergrundmuster oder Transparenz sind nur eine kleine Auswahl. Die weiteren Einstellungen zeigt das »GUI Menü«. Mit einer Aufzählung aller Einstellmöglichkeiten ließe sich leicht eine komplette Seite füllen. Unsere Beispielabbildungen zeigen einen möglichen Look und viele der Einstellmöglichkeiten.
Das neue Intuition erlaubt auch, Fenster mit Inhalt zu verschieben und mit Inhalt zu vergrößern. Und das jetzt auch außerhalb der Bildschirmränder. Mit gedrückter Shift-Taste kann das Verschieben auf die Bildschirmgrenzen begrenzt werden. Die gedrückte Alt-Taste sorgt dafür, dass beim Verschieben/Vergrößern nur der Rahmen angezeigt wird. Natürlich lassen sich diese Möglichkeiten auch in den Voreinstellungen ganz deaktivieren. Tools wie »MCP«, »Birdie« und Konsorten haben bei AmigaOS 4 somit ausgedient.
Neue Programme
Bereits herumgesprochen hat sich die »Media Toolbox« als Ersatz für
die HDToolBox. Sie erlaubt auch die Auswahl und Benutzung des neuen FastFileSystems
(FFS2). Ergänzt wird diese durch den »Partition Wizard« der zur
Dateisystempflege eingesetzt wird. Egal, ob die Integrietät des Dateisystems
geprüft werden soll, Fehler korrigiert werden sollen oder einfach nur die
Dateiorganisation reorganisiert werden soll, alle diese Aufgaben erledigt der
Wizard. Und auch das Konvertieren vom alten FFS in das neue FFS2 sind ganz einfach
möglich, ohne Neuformatierung und Umkopieren.
Das neue FileSystem ist voll abwärtskompatibel, erlaubt aber lange Dateinamen
(bis zu 107 Zeichen je Verzeichnis oder Datei) und hat eine bessere Unterstützung
für Hard- und Soft-Links. Auch die Geschwindigkeit konnte optimiert werden.
Eine offene Schnittstelle erlaubt es auf einfache Weise, Handler einzuhängen.
Eine Möglichkeit ist zum Beispiel das Ver- und Entschlüsseln von Daten
direkt beim Schreiben und Lesen.
Zwar nicht neu, aber trotzdem nicht wiederzuerkennen ist »AmiDock«. Komplett neu programmiert, unterstützt es jetzt nicht nur SubDocks, sondern auch beliebig viele Docks. Jedes Dock kann für sich getrennt konfiguriert werden. Hintergrundmuster, Ausrichtung, Textschatten, Rahmenlos seien als Beispiel genannt. Zum Füllen der Docks reicht es weiterhin aus, die gewünschten Piktogramme ins Dock zu ziehen und dort abzulegen.
»RoadShow« ist ein »AmiTCP/Miami«-kompatibler TCP/IP-Stack.
Er stellt also alle Dienste zur Verfügung, um eine Verbindung in das Internet
aufzubauen oder den Amiga lokal zu vernetzen (incl. DHCP). Ein ebenfalls neuer
Prefs-Einsteller erlaubt die Konfiguration.
Der FT2Manager löst das alte Intellifont-Programm ab, womit auch die AGFA-Fonts ausgedient haben. Unterstützt werden nicht nur die bekannten »TrueType«- und »PostScript Type1«-Schriften, sondern auch Exoten wie PFR (Portable Font Resource) und »X11 Bitmap«-Fonts. OpenType-Fonts sind nun ebenfalls möglich.
Der erste Schritt in die Richtung von UniCode Unterstützung ist die Verwendung der Charsets. So regelt die ISO-8859-15-Tabelle die Position der deutschen und weiterer europäischer Sonderzeichen in der ASCII-Tabelle. Der Local-Einsteller erlaubt die Auswahl des bevorzugten Charsets. Zeichensätze die nicht im gewünschten Charset vorliegen, werden automatisch in diese umgewandelt (soweit die Zeichen in der Orginal-Tabelle vorhanden sind).
»ClickToFront« zählt zur Sorte der Commodities-Programme
und verrichtet seine Aufgabe stillschweigend im Hintergrund. Wird nun über
dem DepthGadget eines Fensters oder des Bildschirms rechts oben die rechte Maustaste
gedrückt (und eine optionale, einstellbare zusätzliche Qualifier-Taste)
so werden alle vorhandenen Fenster bzw. Bildschirme angezeigt und können
durch Auswahl nach vorne geholt und aktiviert werden. Wer viele Fenster auf
der Workbench offen hat, wird dieses Feature zu schätzen wissen.
»AmiGS« und »AmiPDF« sind Anzeigeprogramme für
PostScript- und PDF-Dateien. Während AmiPDF auf xPDF basiert, stellt AmiGS
nur eine komfortable Oberfläche zur Verfügung und greift intern auf
das GhostScript-System zurück.
Kompatibilität
Wie kompatibel AmigaOS 4 zu den bisherigen Versionen ist, lässt sich erst
im direkten Einsatz auf dem AmigaOne beurteilen. Generell kann man aber sagen,
dass alle systemkonformen Programme auch weiterhin
tadellos ihren Dienst verrichten. Die meisten Programme unterstützen heute
Grafikkarten (über »CyberGfx« oder »Picasso96«)
und den Sound-Standard AHI. Programme, die AGA voraussetzen oder bestimmte Amiga-Hardware-Komponenten,
werden ihren Dienst versagen. Dazu zählt z.B. die direkte Blitter-Ansteuerung
oder Soundausgaben über die Paula-Register. Ein angepasster AmigaUAE schafft
hier möglicherweise Abhilfe.
Unschön werden Programme auffallen, die selber Erweiterungen in den Fensterrahmen vornehmen oder nicht damit gerechnet haben, dass sich die Größe der Fensterrahmen ändern kann (obwohl diese Werte schon immer von Intuition zur Verfügung gestellt wurden). Die Abbildung »Fehlerhaft« zeigt, wie so etwas in der Praxis aussieht.
AmigaOne
Sobald ein AmigaOne mit lauffähigem AmigaOS 4 zur Verfügung steht,
werden wir die weiteren Komponenten in Augenschein nehmen. Viel Zeit können
sich die Entwickler von Hyperion nicht mehr lassen, soll doch alles lauffähig
auf der CeBit im März in Hannover zu sehen sein. Bis dahin können
Sie eine vollständige Liste der geplanten Erweiterungen in der »AmigaOS
4.0 Feature«-Liste auf der AmigaOs4-Website von Amiga Inc. nachlesen.
lb
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Informationen: http://os.amiga.com/os4/features.pdf
Amiga OS 4 Feature List,
Amiga Inc./Hyperion,
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Zuletzt aktualisiert am 1. Mai 2003, Michael Christoph.