von Michael Christoph
Die Weiterentwicklung von AmigaOS wurde bereits im Jahre 2000 begonnen. Olaf Barthel hat zu dieser Zeit die Internet-Suite "Roadshow" und das "FastFileSystem2" entwickelt. Ab Mai 2001 gingen die Entwicklungen in den Beta-Test über. Im Oktober 2002 kam die erste "AmigaOS 4"-Version zu den Beta-Testern. Damals noch vollständig in 68k-Code. Hierbei ging es vor allem erst einmal darum, die teilweise von Assembler nach C umgesetzten Funktionen zu prüfen und eingeschlichene Fehler auszumerzen. Auch das neue GUI-System wurde bereits verwendet. Ab April 2004 bekammen alle Earlybird-Besitzer des "AmigaOne"-Boards eine "AmigaOS 4"-Version auf CD. Damit konnte das Betriebssystem eingerichtet, gebootet und verwendet werden. Im weiteren Verlauf der Entwicklung gab es vier Pre-Release-Veröffentlichungen. Dabei wurden schrittweise immer mehr Systemkomponenten nach PPC konvertiert, aber auch viele Neuerungen fanden ihren Weg zu "AmigaOS 4". Das Ergebnis dieser fast sechsjährigen Entwicklung steht jetzt als "AmigaOS 4 Final Update" zur Verfügung. Emulieren
statt verlieren Die Final-Version kommt mit einem neuen Kernel, der nicht nur ein wesentlich schnelleres Speichermanagement hat, sondern auch über einen eingebauten Speicherschutz verfügt. Abgestürzte Programme haben dadurch praktisch keinen Einfluss mehr auf das restliche System. Das Tool "GrimReaper" löst das alte Guru-System ab. Nun werden nicht nur Informationen zur Fehlerursache angezeigt, sondern es besteht auch die Möglichkeit, das Programm unter Umständen trotzdem fortzusetzen. Zu viel sollte man von dieser Methode aber nicht erwarten - wenn z.B. aus fremden Speicherbereichen gelesen wird. Dort wird man selten die erwarteten Daten finden und das Programm reaktivieren können. Das Ganze hat aber auch eine positive Seite: Neu entwickelte oder portierte Software läuft sehr stabil und fehlerfrei. Software, die direkt auf die Custom-Chips zugreift, funktioniert nicht mehr unter "AmigaOS 4". Hier kann z.B. der Emulator "Blitzen" helfen. Die
Workbench in neuem Glanze Die Optik der Workbench, der Fenster und auch das Handling der Gadgets lassen sich in großen Bereichen jetzt frei festlegen. So sind auch Muster oder Farbverläufe bei Knöpfen und Schaltflächen möglich. Alle diese Einstellungen sind im neuen "GUI Prefs"-Programm möglich. Das Programm bietet eine fast unüberschaubare Anzahl an Seiten und Unterseiten, um jede erdenkliche Komponente der Fenster und anderen Elemente zu verändern. Eine genauere Vorstellung würde jeden Artikelrahmen sprengen. Hier gilt das Motto: Spielen und probieren! Zu den einzelnen Elementen liegen Informationstexte als Sprechblasenhilfe vor. Wird die Maus kurz über einem GUI-Element platziert, erfolgt nach kurzer Zeit die Anzeige des Textes. Diese Sprechblasenhilfe ist praktisch in fast allen Systemprogrammen zu finden. Sie kann im Menü oder per Tooltype SHOWHINTS=NO ausgeschaltet werden. Ergänzend werden über den "Palette Prefs"-Einsteller die Farben festgelegt, die im System verwendet werden sollen (z.B. für Text oder Menü). Nachteil: Nicht alle Programme kommen mit den neuen GUI-Möglichkeiten zurecht oder es ensteht durch spezielle Zeichnenfunktionen für Buttons usw. ein gemischter Look. Spezialeinstellungen für solche Programme nimmt der Anwender über die "Screens Prefs" vor. So kann z.B. komplett auf die Erweiterungen verzichtet werden. Möglich ist aber auch, den Bildschirmmodus und den Zeichensatz vorzugeben. So lassen sich alte Programme, die einen PAL-Schirm öffnen, trotzdem auf einer Grafikkarte anzeigen. Auch bei der Verzeichnisstruktur wurde aufgeräumt: Das Tools-Verzeichnis ist nicht mehr vorhanden. Alle Anwendungen sind jetzt im Verzeichnis Utilities zu finden und die Systemprogramme liegen in System. Die eher willkürliche Unterscheidung hat damit ein Ende. Als Tool-Leiste liegt "AmiDock" in einer vollständig neuentwickelten Version vor. Dadurch sind z.B. versteckte Dockies möglich und auch die Anzahl an Dockies ist nicht auf eins beschränkt. Programme lassen sich einfach in die Toolleiste ziehen, um sie einzufügen. Aber auch vollständige Programme lassen sich für die Dockleiste programmieren. Das kann z.B. eine Uhr sein, die beim Anklicken den Zeit-Einsteller öffnet. Die Toolleiste kann sich in der Größe dynamisch dem Inhalt anpassen oder an einer festen Position in fester Größe angezeigt werden. Besonders praktisch ist das "DefIcon"-System, das als Erweiterung der Piktogramme angesehen werden kann. Für jeden Dateityp kann im "DefIcons Prefs"-Einsteller ein Piktogramm festgelegt werden. Wird die Datei ohne eigenes Piktogramm in einem Workbench-Verzeichnis angezeigt und angeklickt, wird auf das Standard-Icon und die dafür definierte Aktion zurückgegriffen. Wenn ein Icon mit korrektem Anzeigeprogramm verknüpft ist, wird die betreffende Datei durch Doppelklick angezeigt (z.B. Bilder, Hilftexte). Neben dem Prefs-Einsteller sorgt ein gleichnamiges Programm im WBStartup-Verzeichnis für die Aktivierung der Erweiterung beim Systemstart. Grafik,
Sound und Peripherie Bei der Soundausgabe kommt AHI zum Einsatz. Einen passenden Prefs-Einsteller findet man unter dem Namen "AHI" vor. Er erlaubt die Festlegung von Frequenz und Lautstärke für die unterschiedlichen Soundunits. Die Verbindung zu Zusatzgeräten ist vielfältig. Bei USB werden jetzt USB-Maus und -Tastatur sowie USB-Sticks unterstützt. Für andere Geräte mangelt es (noch) an passenden Treibern. Über den "USBInspector" werden die angeschlossenen Geräte sowie der verwendete Treiber angezeigt. Der "USBInspector" ist unter "Utilities" zu finden. Bei nicht gefixten AmigaXE-Boards muss i.d.R. das USB-Gerät bereits beim Start des Rechners eingesteckt sein, damit es verwendet werden kann. Abhilfe schafft ein USB-Hub mit eigener Stromversorgung. In diesem Fall dient der USB-Hub als dauerhaft angeschlossenes Gerät. Der "USB Prefs"-Einsteller definiert, welche Informationen angezeigt werden. Der TCP/IP-Stack "Roadshow" stellt die Verbindung zu anderen Rechnern im lokalen Netzwerk und ins WWW her. Im Verzeichnis "Internet" befindet sich ein Wizard, der die Einrichtung der Internetverbindung vornimmt. Unterstützt werden die Verbindungsarten Modem, ISDN und DSL. Wichtig: Für Modems ist "a1serial.device" der passende Treiber. Der Prefs-Einsteller "Internet" hingegen ist für das Konfigurieren der Netzwerkumgebung (z.B. IP-Nummer) verantwortlich. Dort kann man auch eine Liste mit Host-Namen hinterlegen. Zum Einrichten von Festplatten löst die "Media Toolbox" die bisherige "HDToolbox" ab. Die Bedienung bleibt aber grundsätzlich dieselbe. Kann beim Start nicht eindeutig der Gerätetreiber festgestellt werden, so ist in der Regel das a1ide.device die richtige Wahl. Über "Dateisysteme und Partitionen bearbeiten" lassen sich die Partionen anlegen bzw. verändern und das verwendete File-System definieren. Hierbei sollte immer das neue FFS2 zum Einsatz kommen (Kennung DOS\07). Alternativ können auch das SFS (SmartFileSystem, Kennung SFS\00) oder dessen Nachfolger das "JXFileSystem" (Kennung JXF\04) benutzt werden. Ergänzt wird die "Media Toolbox" durch den "Partition Wizard". Damit können Partitionen auf Fehler überprüft und korrigiert werden. Die Daten lassen sich optimal anordnen und gelöschte Daten wiederherstellen. Das funktioniert solange sie noch nicht pysikalisch überschrieben wurden. Die "Media Toolbox" befindet sich im System-Ordner, während der "PartitionWizard" in "Utilities" liegt. Nützliche
Zugaben Die Länder bzw. Zeitzonen-Einstellung im "Locale Prefs"-Einsteller hat jetzt seinen Platz in System bekommen. In Verbindung mit dem neuen "Timezone Prefs"-Einsteller erkennt das Betriebssystem automatisch den Wechsel von Sommer- und Winterzeit. Ob der Wechsel automatisch oder erst nach einer Rückfrage erfolgen soll, ist einstellbar. Zur Gruppe der kleineren Einsteller zählen "DOS", "ASL" und "PopupMenu". "DOS" legt die Einstellungen im Zusammenhang mit dem Dateisystem fest. Dazu gehören Meldungen und Einstellungen für Assign bzw. Mount, außerdem die Werte zum Mindest-Stack für die Programme. Im Vergleich zu 68k-Programmen muss dieser bei "AmigaOS 4" größer sein - 32 KByte sind es per Voreinstellung. Im "ASL"-Einsteller lässt sich die Reihenfolge und Sortierung für die Dateianzeige einstellen. Außerdem auch eine feste Größe und Position, in der die Auswahl-Dialoge angezeigt werden. "PopupMenu" erlaubt Einstellungen zu den kontextsensitiven Menüs, die bisher nur von wenigen Programmen unterstützt wurden. An den versierten Entwickler richtet sich der "refsObjectsEditor" im Utilities-Verzeichnis. Damit können (Konfigurations-) Dateien im XML-Format angezeigt und bearbeitet werden. Ein ganz neues Programm liegt mit "RawDisk" in Utilities vor. Damit lassen sich Disketten oder Festplatten als Raw-Image in einer Datei sichern. Das kann zu Fehlern führen: Man muss die Anzahl der zu schreibenden Cylindern bzw. Blocks wissen. Sie werden nicht automatisch von der gewählten Partition übernommen. Die erzeugten Dateien lassen sich über das Programm zurückspielen und man kann damit u.a. eine Sicherung der System-Partition erstellen. Ein alter Bekannter ist das Packtool "Unarc", der bereits seit "AmigaOS 3.5" im System vorhanden ist. Dieses Programm liegt bei "AmigaOS 4" auch als PPC-native Portierung vor und erleichtert dem Anwender das Entpacken von Archivdateien (lha, zip usw.). Das passende Gegenstück "Cranu" finden Sie bei OS4depot. Es dient zum Erzeugen von Archivdateien. Ebenfalls ein alter Bekannter ist "NotePad". Das Tool existierte bisher unter dem Namen "EditPad". Das Programm ist ein einfacher Texteditor, mit dem Texte wie z.B. Konfigurationsdateien erstellt und bearbeitet werden können. Tief tauchen mit UBoot
Man kann entweder eine CD mit dem UBoot-ISO brennen oder eine Diskette vorbereiten. Damit wird dann der Rechner gestartet. Nach einer Sicherheitsrückfrage wird dann das UBoot-System einem Flash-Update unterzogen. Alternativ liegt das GUI-Programm "BIOSUpdate" im System-Verzeichnis, mit dem sich das UBoot mit der neuen Firmware bestücken lässt. In diesem Fall muss man besonders vorsichtig sein und sollte keine anderen Programme parallel betreiben. Kommt es während des Flash-Prozesses zu Komplikationen, kann u.a. der Amiga nicht mehr starten. Dann muss man den kompletten UBoot-Speicherchip ersetzen. Bereits im BIOS sind viele Einstellungen möglich - z.B. die Boot-Reihenfolge oder Interrupts. Diese können entweder direkt in der UBoot-Shell eingetippt werden oder ganz komfortabel über den "UBoot"-Einsteller in der Prefs-Schublade. Änderungen sind trotzdem mit großer Sorgfalt vorzunehmen. Bei falschen Einstellungen kann z.B. die Festplatte langsamer arbeiten, keine Workbench angezeigt werden oder AmigaOS nicht mehr starten. Korrekturen können dann zwar direkt in der UBoot-Shell vorgenommen werden, was aber nicht komfortabel ist. Außerdem muss man die genauen Bezeichnungen der einzelnen Einstellungen wissen. Das neue "AmigaInput"-System hat es nicht in das Final Release geschafft. Hier fehlen noch Detailarbeiten an der GUI und vor allem an den Treibern, die nicht mehr rechtzeitig fertig gestellt wurden. Hier soll es ein Update geben. "AmigaInput" ist für die Programmierung und Ansteuerung von Eingabegeräte wie Joysticks gedacht. Vor allem bei Spielen würde der Anschluss des Steuergeräts einfacher sein: Es spielt dann keine Rolle, ob ein Joystick am alten Game-Anschluss oder über USB an den Amiga angeschlossen ist - "AmigaInput" sorgt für Transparenz bei der Auswertung. Fazit: Das "Final Release" von "AmigaOS 4" macht einen guten Eindruck. Unabhängig von der Verfügbarkeit von "AmigaOS 4" und vom Funktionsumfang bleibt dennoch eine großes Frage im Raum: Wo kann der Anwender passende Hardware für "AmigaOS 4" kaufen? Dazu lagen uns zu Redaktionsschluss keine weiteren Informationen vor. Laut Hyperion, sollen vonseiten der Hersteller ab Januar 2007 Informationen zu neuer Hardware verfügbar sein. lb Informationen: Hyperion,
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Zuletzt aktualisiert am 6.3. 2007.